Antwort auf Wahlprüfstein

BUND-Befragung zur Kommunalwahl

Von der biologischen Vielfalt bis zum städtischen Personal...

 

1. Biologische Vielfalt

Die Wissenschaftsstadt Darmstadt beschloss 2014 das Maßnahmenprogramm „Biologische Vielfalt“. Dieses ist umfangreich und wurde im Juli 2015 auf der Auftaktveranstaltung unter anderem von der Hessischen Staatsministerin als wegweisend gelobt. Bislang ist davon allerdings sehr wenig umgesetzt.

a) Welche der 25 Maßnahmen wollen Sie in den kommenden fünf Jahren umsetzen?

  • Naturierung (Schritt 3),
  • naturnahe Gestaltung öffentlicher Anlagen (Schritt 6),
  • Artenschutzmaßnahmen für Flora und Fauna (Schritt 14), hierbei besondere Anstrengungen in Begrünung von Dächern und Wänden, im Hinblick auch auf eine mögliche Landesgartenschau 2022 vor allem im dicht bebauten Mollerviertel, aber auch am Berufsschulzentrum,
  • weitere Renaturierung der Modau (Schritt 15) und viel Öffentlichkeitsarbeit vor allem an Schulen.

b) Welche finanziellen Mittel wollen Sie dafür jährlich bereitstellen?

400 TEURO zuzüglich weitere Einzelprogramme z.B. zur Gewässer-Naturierung.

 

2. Wald

Darmstadt besitzt rund 2000 ha Stadtwald. Andere Kommunen wie München lassen ihre Stadtwälder nach besonders strengen ökologischen Prinzipien gemäß Naturland-Kriterien bewirtschaften, andere nach strengen FSC-Kriterien.

Befürworten Sie die Naturland-Zertifizierung auch für Darmstadt? Setzen Sie sich dafür ein, den Kommunalwald ihrer Stadt nach dem Naturland- oder zumindest dem FSC-Siegel zertifizieren zu lassen?

Ja, nach dem FSC-Siegel oder dem Naturland-Siegel.

Die FSC-Zertifizierung ist allerdings im Vorjahr beschlossen worden

 

3. Umweltbewusstsein an zentraler Stelle fördern

a) Das seit 2003 durchgeführte Umweltdiplom der Wissenschaftsstadt Darmstadt für Kinder der Klassen 4 bis 6 ist ein Erfolgsmodell. Auch u.a. Vereine bieten daneben in Darmstadt vielfältige Angebote in der Umweltbildung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene an.

Befürworten Sie die Unterstützung des Umweltdiploms weiterhin auch mit städtischen Mitteln?

Ja. 

Es sollte die Wiederbelebung der Schulgärten (falls vorhanden) geprüft werden.

b) Setzen Sie sich dafür ein, dass bei einer Nachnutzung des Geländes der Stadtgärtnerei ein ökologisch- inklusives Konzept mit einer ökologisch ausgerichteten Gärtnerei und einem innerstädtischen Naturerlebnis- und Lernort für alle Bürgerinnen und Bürger umgesetzt wird?

Das kann nicht mit Ja oder Nein beantwortet werden. Die Fläche ist auf jeden Fall weiter gärtnerisch zu nutzen, keinesfalls als Café, Festplatz o.ä.. Es sollte die Trägerschaft durch einen Verein ähnlich der Knabenschule für mehrere Nutzungen erfolgen. So wäre ein Ausgleich der Interessen möglich.

 

4. Gifteinsatz

Glyphosat (Handelsname z.B. Roundup) ist das weltweit am häufigsten eingesetzte Pflanzengift. 2015 stufte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend beim Menschen" ein. Seit dem 1. Juli 2015 ist daher durch Erlass des Umweltministeriums der Einsatz glyphosathaltiger Pestizide auf Wegen, Plätzen und sonstigem Nichtkulturland in Hessen nur noch in begründeten Ausnahmefällen möglich.

Setzen Sie sich dafür ein, dass Glyphosat in Ihrer Stadt nicht mehr auf öffentlichen und (verpachteten) landwirtschaftlich genutzten kommunalen Flächen eingesetzt wird?

Ja.

Es sollte eine Anfrage gestellt werden, wo und warum Glyphosat bei der Stadt und ihren Pächtern eingesetzt wird.

 

5. Stadtklima

Durch den Klimawandel steigt die Wahrscheinlichkeit von starken Hitzebelastungen in der Stadt. Dies stellt eine Gefahr für die Gesundheit der Menschen dar.

a) Welche konkreten Maßnahmen wollen Sie in den nächsten 5 Jahren unterstützen, um Hitzebelastungen abzumildern?

Frischluftschneisen freihalten, Wälder erhalten, die Wurzelräume der Stadtbäume bewahren und bei Neuanpflanzungen mit Baumaßnahmen größer gestalten, an Regenwassersysteme zur Bewässerung denken, Dach- und Fassadenbegrünungen, vorhandene (!) und neue Wasserbecken und Brunnen wiederherstellen und bauen.

b) Wie stehen Sie zur Bebauung von Kalt- und Frischluftleitbahnen (z. B. an der Lichtwiese)?

Frischluftschneisen sind genau wie die Entstehungsgebiete der Frischluft, z. B. Oberfeld, Eberstädter Streuobstwiesen und angrenzende Wälder, unbedingt zu erhalten. Eine Bebauung würde die Frisch- und Kaltluftströme behindern, die gerade im Sommer dringend notwendig sind, um die dicht bebauten Gebiete Darmstadts während der Nacht- und Morgenstunden zu durchlüften. Hitzestaus und eine noch höhere Schadstoffbelastung der Luft durch mangelnden Austausch wären die Folge.

 

6. Klimaschutz

Im "Integrativen Klimaschutzkonzept" der Stadt wird eine 40 %-ige CO2-Verminderung bis 2030 als möglich erachtet und 138 Maßnahmen werden dazu vorgeschlagen.

a) Welches Reduktionsziel streben Sie an?

Das im Klimaschutzkonzept genannte Ziel darf nicht unterschritten werden. Eine höhere Reduktion wäre wünschenswert.

b) Welche Maßnahmen wollen Sie in den nächsten 5 Jahren durchführen?

Grundsätzlich durch eine Verkehrswende hin zum Umweltverbund von ÖPNV, Rad- und Fußverkehr. Wir wollen die Attraktivität des ÖPNV steigern durch die Einführung eines Bürgertickets. Als Übergangslösung wäre eine viel billigere Jahreskarte denkbar. Außerdem müssen die Kapazitäten erhöht werden, etwa durch die Straßenbahn-Anbindung der „Telekom-City“. Wir sind für eine Schienenverbindung nach Roßdorf/Groß-Zimmern und für die Verlängerung der Pfungstadtbahn zum Nordbahnhof.

Wir wollen, dass das Radverkehrsnetz schnell und planmäßig vervollständigt wird, sowohl durch Radwege als auch durch die sichere Führung des Radverkehrs auf den Straßen.
 

7. Kraft-Wärme-Kopplung

KWK kann in vielen Größenklassen und mit verschiedenen Brennstoffen betrieben werden und stellt die Verbindung zwischen Stromwende und Wärmewende her. Setzen Sie sich dafür ein, dass in Ihrer Kommune viele neue KWK-Anlagen in kommunalen und anderen Gebäuden eingebaut werden?

Ja.

Seit vielen Jahren stagniert die Anzahl der KWK-Heizungen an Schulen bei etwa 20. Da hat sich offenbar nichts mehr getan. Da es eine Schwelle für die Wirtschaftlichkeit gibt, sind Anreize für gemeinsame Systeme für mehrere Häuser zu schaffen. Richtig ist die Ausweitung der vorhandenen Fernwärmesysteme, wobei der Anschlusszwang aber transparentes Finanzgebaren erfordert.

 

8. Verkehr

Laut Klimakonzept liegt der Anteil des Pkw-Verkehrs (Modal Split) in Darmstadt bei 45%. Dieser Verkehr ist mitverantwortlich für die Belastung mit Luftschadstoffen (besonders Stickoxide; hier werden nach wie vor die Grenzwerte häufig überschritten) sowie Lärm und stellt eine Gefahrenquelle dar.

a) Halten Sie eine Reduktion auf geringe Werte (z. B. 32% wie in Freiburg) für wünschenswert?

Ja.

b) Falls ja: welchen Maßnahmen wollen Sie in den kommenden 5 Jahren ergreifen, um das erreichen?

Antrieb der Nutzfahrzeugflotten (Busse, Müllfahrzeuge, Kurierdienste und Taxis) auf LNG mit einer Versorgungsinsel Darmstadt (hierzu Vortrag möglich). Dies ist wegen notwendiger Kryotechnik eine Übergangstechnologie zum Wasserstoff. Zur Verbesserung des Modal Splits streben wir eine Verkehrswende an (siehe Punkt 6).

c) Um Schadstoffbelastungen in den Städten zu senken, brauchen wir eine Verkehrswende. Welche lokalen Maßnahmen und Konzepte verfolgt Ihre Partei um diese zu erreichen?

Das Durchfahrverbot für nicht schadstoffarme Dieselfahrzeuge ist notwendig. Leider fährt selbst die ansonsten zu bevorzugende Eisenbahn zum großen Teil immer noch mit Triebfahrzeugen ohne Rußfilter!

d) Setzen Sie sich dafür ein, dass der rechtliche Rahmen geschaffen wird, dass auf innerstädtischen Hauptverbindungsstraßen ganztägig Tempo 30 bzw. Tempo 40 ermöglicht wird?

Andersherum: Nur auf den Straßen, die dafür geeignet sind, ist durch Beschilderung Tempo 50, in einigen Fällen 70 km/h zu erlauben, ansonsten Tempo 30.

e) Wie stehen Sie zum Neubau von Straßen wie der Westranderschließungsstraße?

Lehnen wir ab!

 

9. Fluglärm

Wie ist die Position Ihrer Partei zur Belastung von Fluglärm insbesondere im Darmstädter Norden?

Die Anzahl der Flugbewegungen am Flughafen Rhein-Main ist auf 380.000 im Jahr zu deckeln. Wir fordern ein Nachflugverbot von 22 bis 6 Uhr.

 

10. Wachstum

Prognosen sagen steigende Einwohnerzahlen in Darmstadt auch für die kommenden Jahre voraus. Diese Menschen müssen hier Wohnraum mit genügenden Freiflächen finden und sich in der Stadt fortbewegen.  

a) Welche Einwohnerzahl Darmstadts halten Sie für erstrebenswert und tragbar?

DIE LINKE teilt die Begeisterung für das Wachstum nicht. Für uns ist die Lebensqualität der in der Stadt wohnenden Menschen entscheidend. Wir wollen nicht, dass Abwanderung die ländlichen Regionen entvölkert, während es in den Städten immer enger wird. Wir fordern eine überregionale Strukturpolitik, die solche Konzentrationsprozesse begrenzt. Durch eine Erhöhung der Gewerbesteuer kann auch ohne weiteres Wachstum mehr Geld in die Stadtkasse fließen.

Tragbar ist eine Einwohnerzahl, die durch Neu-Bebauung und maßvolle Verdichtung ohne Ausdehnung in bisherige Schutzgebiete (z.B. Oberfeld) und Wälder rings um Darmstadt untergebracht werden kann. Vor einem Stopp von Wohnungsbau muss folgerichtig ein Stopp von Gewerbebau stehen. Wichtig ist es, den Verdrängungsdruck auf weniger zahlungskräftige Bewohner durch politische Vorgaben (massive Investition in sozialen Wohnungsbau, soziale Bodennutzung, Milieuschutz) zu verringern.

b) Befürworten Sie neue Baugebiete (wenn ja, wo?), Nachverdichtung (wenn ja, wo?) oder den Bau von Hochhäusern und Aufstockungen (wenn ja, wo?) oder welche anderen Ideen haben Sie dazu?

Diese komplexe Frage ist Sache des Masterplans 2030 und nicht auf die Schnelle zu beantworten. Dem Wachstum nach außen sind die in Teil a genannten Grenzen gesetzt. Bei der Verdichtung muss auf das Stadtklima Rücksicht genommen werden. Zur Schaffung neuen Wohnraums scheint ein moderates Wachstum der Stadt in die Höhe die ökologisch am wenigsten schädliche Strategie zu sein. Auch die politischen Möglichkeiten zur Verringerung des Pro-Kopf-Bedarfs an Wohnfläche sollten ausgeschöpft werden.

 

11. Personal

Die großen und steigenden Aufgaben im Natur- und Umweltschutz können nur geleistet werden, wenn ausreichend Personal für die Bewältigung zur Verfügung steht.

a) Halten Sie den gegenwärtigen Personalbestand und die Strukturen auf diesem Gebiet für ausreichend?

Es wurde viel outgesourct und aufgegeben. Dies ist am Stadtbild abzulesen: Grünanlagen und Brunnen. Aktuell wird die Stadtgärtnerei aufgegeben. Daher: nein.

Wie stehen Sie…

b) zur Einrichtung einer Stabsstelle für die Biologische Vielfalt?

Prinzipiell wohlwollend. Die Rahmenbedingungen wären zu diskutieren.

c) zur Aufstockung des Personals im Umwelt- und Grünflächenamt?

DIE LINKE fordert insgesamt die Schaffung neuer Planstellen und die schnellstmögliche Besetzung bestehender Stellen in der Stadtverwaltung zur Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen und zur Entlastung der Beschäftigten. Damit ist natürlich auch das Umwelt- und Grünflächenamt gemeint.

d) zur Berufung von Beauftragten für die Biologische Vielfalt u. a. im Tiefbau-, Grünflächen- und Stadtplanungsamt?

Manchmal fehlt es den bisher für die Fachgebiete Verantwortlichen an Sinn für Förderung der Biodiversität. Es ist nicht unbedingt eine Frage des Personalbestandes, Sensibilisierung täte hier Not.