Antwort auf Wahlprüfstein

Anworten auf die Fragen der IG Heinrichstraße

zur Verkehrs- und Gesundheitspolitik

zur Verkehrs- und Gesundheitspolitik

Frage 1:
Was schlagen Sie zur Reduzierung des motorisierten Verkehrs in der Innenstadt Darmstadt vor?

Kurz gesagt: Eine Verkehrswende. Wir wollen den "Umweltverbund" fördern, also den fußläufigen, den Fahrrad- und den öffentlichen Verkehr, und so die Nutzung des PKW für möglichst Viele verzichtbar machen. Eine Stadt mit weniger Autos ist sicherer, stressfreier, gesünder und nicht zuletzt: schöner. Die Verkehrsmittel des Umweltverbunds sind mit entsprechender Förderung preiswerter und bieten – ergänzt durch Carsharing – nicht weniger Mobilität als ein eigenes Fahrzeug.

Wir wollen in das Radverkehrsnetz investieren, sowohl durch den Ausbau der Radwege als auch durch die Verlagerung des Radverkehrs auf die Straßen, wobei Sicherheit und Vorrang durch Schutzstreifen zu gewährleisten sind. Fahrradstraßen bilden einen wichtigen Teil dieses Netzes.

Natürlich muss auch die Kapazität des ÖPNV ausgebaut werden. Notwendig wäre z.B. ist eine Straßenbahn-Anbindung vom Hauptbahnhof durch die "Telekom-City" bis zum Einkaufszentrum Heimstättensiedlung. Diese und andere Ausbaumaßnahmen für den ÖPNV entlasten zwar nicht direkt die Heinrichstraße, aber sie sind notwendig, um für immer mehr Menschen das Kraftfahrzeug entbehrlich zu machen. Auf die direkte Entlastung der Heinrichstraße zielt die  Schienenverbindung nach Roßdorf und Groß-Zimmern, die wir seit langem fordern. Ähnliche Verbindungen mit dem Umland sind aus unserer Sicht ebenfalls anzustreben, etwa nach Weiterstadt, oder die Verlängerung der Pfungstadtbahn zum Nordbahnhof.


Frage 2:
Wie wollen Sie die gerichtlichen Auflagen aus dem Urteil des VG Wiesbaden zur Einhaltung der Emissionswerte in Darmstadt bewerkstelligen?

Das Gericht selbst hat die Einführung eines "Bürgertickets", also des umlagefinanzierten ÖPNV, als Lösungsmöglichkeit vorgeschlagen. Wir haben diesen Wahlkampf genutzt, um für dieses – dem neoliberalen Zeitgeist widersprechende – Konzept zu werben.

Wir glauben nicht, dass das Durchfahrverbot und die Umweltzone sich als ausreichend wirksam erweisen werden. Das ungebremste Wachstum der Stadt bei unveränderter Verkehrs-Infrastruktur wird das Verkehrsaufkommen noch steigern. Durch die Verdichtung der Bebauung sind auch die Frischluftschneisen in Gefahr. Eine allgemeine Reduzierung des Kfz-Verkehrs ist notwendig.

Zur kurzfristigeren und punktuellen Linderung kann auch Fassadenbegrünung beitragen.


Frage 3:
Mit welchen Maßnahmen wollen Sie das LKW-Durchfahrtsverbot in der Innenstadt durchsetzen?

Mit den Maßnahmen, mit denen der Straßenverkehrsordnung Geltung verschafft wird.

Frage 4:
Wie stehen Sie zum Bürgerticket?

Das Bürgerticket ist ein wichtiges Element einer Verkehrswende für Darmstadt (siehe Punkt 1). Wir haben in unserem Programm beschlossen: "Perspektivisch wollen wir den fahrscheinlosen ÖPNV erreichen. Dieser könnte durch ein 'Bürgerticket' nach dem Vorbild der Semestertickets für Studierende realisiert werden. Ein Drittel der Kosten würde durch einen Mobilitätsbeitrag erhoben, den alle Bürgerinnen und Bürger zahlen müssen und der nicht höher liegt als der für Mobilität vorgesehene Anteil des Hartz-IV-Regelsatzes. Ein weiteres Drittel würde durch eine Umlage für Unternehmen finanziert, wie das in Frankreich möglich ist und in einigen Städten erfolgreich umgesetzt wurde. Da etwa jeder dritte Euro Fahrgeldeinnahme für Automaten und Abrechnung draufgeht, wäre der Rest durch Einsparungen gesichert. Besucherinnen und Besucher der Stadt könnten durch eine Übernachtungsabgabe an den Kosten beteiligt werden. In der Endausbaustufe wäre dieses 'Bürgerticket' bundesweit für alle Verkehrsverbünde gültig und gäbe auch Zugang zu Leih-Fahrrädern und Carsharing."

Dieses Finanzierungsmodell ist nur eine erste Annäherung. Ob es so umsetzbar ist, werden die politischen Diskussionen zeigen, wenn sich die künftige StaVo überhaupt auf dieses Thema einlässt. Bei der momentanen Kapazität würde das Bürgerticket ca. 200 Euro pro Jahr kosten. Die Unternehmen sollten auch an den Kosten beteiligt werden, was aber bei der momentanen Rechtslage eher beim Ausbau als für den Betrieb durchsetzbar ist. Touristen könnten durch eine "Bettensteuer" beteiligt werden, deren Erhebung in diesem Fall zulässig sein dürfte. Einkommensschwache Haushalte sollten einen ermäßigten Beitrag erhalten.

Details sind zunächst nicht entscheidend. Wichtig ist, dass die Diskussion ins Rollen kommt und Zweifel ausgeräumt werden. Den Programmen der anderen Parteien zufolge sollte das möglich sein: nach der momentanen Sitzverteilung gibt es eine satte Mehrheit von 43 Sitzen für Parteien, die sich positiv auf umlagefinanzierten bzw. solidarischen ÖPNV beziehen. Nimmt man eine weitere Wählervereinigung hinzu, die sich zwar nicht für ein Bürgerticket, aber für eine Verkehrswende ausspricht, müssten 48 Stadtverordnete für die Diskussion offen sein (siehe beigefügtes Dokument mit Programmauszügen). Wir werden das in der kommenden Legislaturperiode auf die Probe stellen.


Frage 5:
Sind Sie grundsätzlich bereit dem Fußgänger und dem Radfahrer, auch unter Verlust von Flächen für den Autofahrer, mehr Raum zu geben?

Unbedingt. Nicht umsonst heißt unser Motto: Darmstadt für Alle. Das betrifft soziale Fragen, aber auch den Verkehr. Wir werden uns in diesem Sinne bei der Beratung des Masterplans 2030 einbringen.