Antwort auf Wahlprüfstein

Antworten auf die Fragen des P-Magazins

Clubkultur, bezahlbares Wohnen, Bürgerticket und weltoffenes Darmstadt

Clubkultur, bezahlbares Wohnen, Bürgerticket und weltoffenes Darmstadt

 

1. Durch welche konkreten Maßnahmen wollen sie das zunehmende Veröden der Darmstädter Innenstadt verhindern?

Wie in vielen anderen Städten ist auch die Darmstädter City eine Konsumzone für den Tag, aus der, abgesehen von einzelnen Hotspots, nach Ladenschluss das Leben schwindet. Es wäre wichtig, dass sich von den Randbereichen ausgehend mehr Kneipen mit Clubcharakter – wie seinerzeit das Eledil oder Schallbad – ansiedeln. Dazu sollte die Stadtplanung z.B. bei der gerade stattfindenden Sanierung der Mollerstadt anregen und fördern, dass geeignete Räume entstehen. Außengastronomie muss auch abends stattfinden können.

 

2. Der lebendigen Sub- und Clubkultur Darmstadts fehlt es immer mehr an geeigneten Räumen und Möglichkeiten, um sich zu entfalten. Welche Schritte werden Sie ergreifen, um diesen Kultursektoren bessere Rahmenbedingungen zu bieten?

Die Galerie Kurzweil auf dem Gelände des Güterbahnhofs hatte durch, sagen wir: unkoordinierte Beratung seitens der städtischen Behörden enorme Schwierigkeiten, ihr Projekt zu realisieren. Um Kultur-Aktiven das finanzielle Risiko zu vermindern und die Konzentration auf den Inhalt zu ermöglichen, benötigen sie bessere Hilfe im Antragsdschungel. Wir regen eine Beratungs-Fachstelle im Bauamt an. Das Baurecht ist mit Fingerspitzengefühl und nicht mit dem Vorschlaghammer umzusetzen. Das Kulturamt muss Künstlerinnen und Künstler aller Sparten bei der Suche nach Ateliers, Proberäumen, Kunst- und Kulturzentren unterstützen und dabei aktiv auf Zwischennutzungsmöglichkeiten (z.B. Konversionsflächen, EAD-Gelände) hinweisen.

 

3. Darmstadt hat an einigen Stellen eine der bundesweit höchsten Stickstoffbelastungen und der Innenstadtverkehr nimmt weiter zu. In anderen Städten wird darüber nachgedacht, den öffentlichen Nahverkehr durch einen allgemeinen Pauschalbeitrag (jeder Bürger zahlt Jahresbeitrag, Nutzung ist dann für alle kostenfrei) zu stärken. Halten Sie die Idee „ÖPNV für alle“ auch in Darmstadt für sinnvoll – und wenn ja: Wie kann man sie umsetzen?

Wir haben den umlagefinanzierten ÖPNV u.a. durch eine Diskussionsveranstaltung in den Wahlkampf eingebracht. In Darmstadt ist die Idee des Semestertickets verwirklicht worden, warum soll von hier nicht auch die Durchsetzung eines "Bürgertickets" ausgehen? Wir schätzen, dass ohne Berücksichtigung des notwendigen Ausbaus eine Umlage von jährlich 200 Euro notwendig wäre. Ermäßigungen für finanzschwache Menschen sind erforderlich. Besucher/innen könnten durch eine "Bettensteuer" beteiligt werden. Erhebliche Kosteneinsparungen im Betrieb ergäben sich durch den Wegfall des Kartenverkaufs und der Kontrollen.

 

4. Wohnraum ist in Darmstadt nach wie vor äußerst knapp. Wie möchten Sie anhand von Beispielen konkret verhindern, dass Wohnen in Darmstadt immer mehr zum Luxus wird?

Der soziale Wohnungsbau ist zu stärken. Mindestens ein Viertel der neuen Wohnungen sollten in diesem Segment errichtet werden. Außerdem muss die Stadt alle rechtlichen Hebel nutzen, um den Bau von bezahlbarem Wohnraum anstelle von hochpreisigen Luxuswohnungen zu erzwingen. Das ist etwa bei der Vergabe städtischer Flächen und bei der Erstellung neuer Bebauungspläne möglich. Negatives Beispiel: Das städtische Bauland für die Bessunger Logen an der Radrennbahn wurde ohne soziale Auflagen an einen Investor vergeben. Und noch etwas: Gewinne der Bauverein AG müssen beim Unternehmen bleiben, um Neubau, Instandhaltung und günstige Mieten zu finanzieren.

 

5. Wie möchten Sie dafür sorgen, dass Darmstadt trotz mancher Probleme und einiger Hysterie weiterhin weltoffen bleibt?

"Flüchtlingen helfen – Kriege beenden – Rassisten stoppen" steht auf einem unserer Plakate. Die Punkte 1 und 3 sind auch in Darmstadt umsetzbar. Nicht nur Flüchtlinge brauchen Empathie und Solidarität, sondern auch Einheimische, die arm sind oder unter prekärer Arbeit leiden. Dass deren Nöte allzu oft ignoriert werden ist ein Grund (allerdings: keine Rechtfertigung) für den Hass, der Flüchtlingen mitunter entgegenschlägt. Das heißt vor Ort: Investitionen in bezahlbaren Wohnraum, Kinderbetreuung, Schulen, Krankenhäuser... Das kommt allen zugute, schafft Arbeitsplätze und stärkt die wirtschaftliche Entwicklung.

 

6. Wie würden Sie (auch angesichts der Geschichte Darmstadts in der NS-Zeit) mit einer rechtspopulistischen Partei im Stadtparlament und in den Ausschüssen umgehen?

Entlarven und ausgrenzen. Rassismus und Menschenfeindlichkeit sind nie hinnehmbar, auch wenn die Akteure und ihre Anträge zunächst im Schafspelz daherkommen. Vieles wird davon abhängen, ob ein gemeinsames Auftreten aller anderen Fraktionen verabredet werden kann.

 

7. Unsere Leserumfrage hat ergeben, dass die Heiner am meisten einen großen Fluss mit Hafen wünschen. Wann und wie wird dieses Projekt umgesetzt?

Ende des 17. Jahrhundert sollte ein Kanal vom Rhein zum Darmstädter Schluss gebaut werden, um Hugenotten in die Stadt zu locken. Dieses Ziel ist zwar nicht mehr aktuell, aber vielleicht finden sich im Stadtplanungsamt noch die Pläne von damals? Endspurt bei der ersten Darmstädter Ruder-Regatta 2037 in der Rinne vor dem Darmstadtium – wir sind dabei!