"Das Land wird umso sozialer, je stärker wir als Linke in Erscheinung treten"

Interview der Webredaktion mit Walter Busch-Hübenbecker

Direktkandidat Walter Busch-Hübenbecker im Gespräch mit der Redaktion dieser Website 

Walter, nach deiner Direktkandidatur für den Hessischen Landtag 2009 bist du jetzt Direktkandidat für den Bundestag. Was hat sich an deinen Wahlkampfschwerpunkten geändert?

Im Zentrum meines Wahlkampfs steht nun die Vergesellschaftung der Banken, damit der Spekulation mit Milliardenbeträgen ein Riegel vorgeschoben wird. Wenn die Allgemeinheit für die Verluste haftet, muss sie auch die Kontrolle ausüben. Die Reichen in unserer Gesellschaft müssen endlich mit einer Reichensteuer zur Finanzierung der gesellschaftlichen Aufgaben herangezogen werden, denn ich will nicht, dass die Zeche der Krise von den Arbeitnehmern und ihren Familien sowie den sozial Schwächsten in unserer Gesellschaft gezahlt wird. Ohne eine Umkehr in der Steuerpolitik ist abzusehen, dass die Mehrwertsteuer weiter erhöht und die Rechte der Arbeitnehmer weiter beschnitten werden.

 

Wie können wir die Menschen von den Konzepten der LINKEN überzeugen? Schließlich werden wir in den Medien kaum beachtet oder unser Programm wird als unrealistisch bezeichnet.

Unser Programm ist realistisch, weil es auch kurzfristig finanzierbar ist, etwa durch eine Reichensteuer oder die Besteuerung von Spekulationsgewinnen. Langfristig wollen wir, wie gesagt, die Spekulation stark eindämmen. Wir machen den Menschen deutlich, dass Schluss sein muss mit der weiteren Umverteilung des Reichtums von unten nach oben. Sie müssen spüren, dass wir an ihrer Seiten stehen in der täglichen Auseinandersetzung um ihre Existenz. Dies gilt gleichermaßen die Arbeitnehmer, für die Bezieher von Hartz IV und anderen Sozialleistungen und insbesondere auch für die Migranten.

 

Uns LINKEN ist klar, dass Veränderungen nicht ohne den Druck von "Unten" erreicht werden können. Wie bringen wir mehr Menschen dazu, für ihre Interessen zu kämpfen?

Wir müssen ihnen Mut machen, sich im Betrieb, in der Verwaltung oder als Frau oder Mann in unserer Gesellschaft gegen die Ungerechtigkeiten zu wehren. Wir brauchen ein Mehr an Mitbestimmung in den Betrieben, wir brauchen ein Mehr an Beteiligung der Menschen durch Volksentscheide. Dadurch wird erfahrbar, dass sich es lohnt, für seine Interessen zu kämpfen.

 

Glaubt man Zeitungsmeldungen hat die Krise ihren Höhepunkt schon erreicht. Du bist Gewerkschaftssekretär und kennst die Situation in den Betrieben: dort stehen allerdings immer noch Kurzarbeit, großer Leistungsdruck und Lohnkürzungen auf der Tagesordnung - schlimmstenfalls Jobverlust. Was kommt auf die ArbeitnehmerInnen nach der Wahl zu?

Wenn Schwarz/Gelb an die Regierung kommt, werden wir einen weiteren Schub des Abbaus von Arbeitnehmerrechten erfahren. Der Kündigungsschutz für Arbeitnehmer wird weiter aufgeweicht, der flächendeckende Mindestlohn rückt in weite Ferne und die Steuerbelastung für Arbeitnehmer wird weiter wachsen. Der Anteil an prekärer Arbeitsverhältnissen wird weiter zunehmen. 

 

Wie geht es den Beschäftigten in und um Darmstadt?

Darmstadt ist in den letzten Jahren immer mehr geprägt gewesen vom Abbau von Industriearbeitsplätzen. Wer sich die Situation beim Darmstädter Echo ansieht, wo 143 Arbeitsplätze abgebaut werden, der wird feststellen, dass der einst große Bereich des Druck- und Verlagswesens seine letzten Arbeitnehmer verloren hat. Tarifflucht und Dumpinglöhne stehen heute auf der Tagesordnung.

Was wir brauchen ist eine Stadt, in der Arbeitnehmer und ihre Familien einen Arbeitsplatz nicht nur im Bereich der Hochtechnologie finden, sondern auch als Facharbeiter. Es gilt daher, der beruflichen Bildung und insbesondere den Berufschulen mehr Bedeutung zukommen zu lassen. Die Ansiedelung von immer mehr Einkaufszentren auf der "grünen Wiese" muss gestoppt werden. Auch in Darmstadt und Umgebung findet im Einzelhandel ein immer stärkerer Verdrängungswettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten statt.

Tarifflucht und die Ausweitung von prekären Arbeitsverhältnissen, wie 400-Euro-Jobs, Befristungen etc. sind vielerorts auf der Tagesordnung, wie ganz aktuell das Beispiel Schlecker zeigt.

 

Die LINKE landet mit ziemlicher Sicherheit in der Opposition. Was kann sie trotzdem tun, um weitere Angriffe auf Beschäftigte, Rentner und Erwerbslose zu verhindern?

Wir müssen die Unterstützung von Bürgerinitiativen, Gewerkschaften, Arbeitsloseninitiativen und Rentnern bei ihrem Kampf um ihre Rechte und für ihre Interessen weiterentwickeln. Dies müssen wir mit der oppositionellen Arbeit im Parlament koppeln.

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass wir auch in der Opposition einiges verändern können. Das Land wird umso sozialer, je stärker wir als LINKE in Erscheinung treten.