vielbunt e.V.

Toiletten und Umkleiden in städtischen Gebäuden und Einrichtungen sind häufig an binären Geschlechterbildern orientiert. Immer wieder geraten trans* und inter* Menschen in Probleme, wenn sie diese Räume nutzen wollen und gezwungen werden, sich zwischen einer Toilette für Männer oder eine Toilette für Frauen zu entscheiden. Probleme entstehen bei Toiletten insbesondere dann, wenn eine Person nicht eindeutig männlich oder weiblich gelesen wird. Fehlende geschlechtsunabhängige Einzelumkleiden und Duschen stellen (durch die unvermeidbare Bloßstellung körperlicher Merkmale) eine unüberwindbare Herausforderung dar und schließen trans* und inter* Menschen von Veranstaltungen in solchen Räumlichkeiten faktisch aus.

Da das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass eine binäre Personenstandsregelung nicht der tatsächlichen Realität entspricht, und somit den Weg für einen dritten Geschlechtseintrag geebnet hat, fordern wir, dass in städtischen Gebäuden wie zum Beispiel Schulen, Bürgerhäusern und Sportstätten Alternativen zu binären Toiletten und Umkleideräumen eingerichtet werden.

Das binäre Geschlechtersystem ist bekanntlich ein überholtes. Es hat den öffentlichen Raum umfassend und nachhaltig geprägt. Ein Kennzeichen dessen ist die Einteilung in Damen- und Herren-Toiletten. Häufig sehen sich inter* und trans* Menschen daher mit der Frage konfrontiert: Welche Toilette nutzen? oder auch mit Kritik ihrer Umwelt bzgl. der Nutzung der "falschen" Toilette. Dieser Thematik kann durch Unisex-Toiletten entgegengewirkt werden. Sie sind durch alle Menschen nutzbar, unabhängig davon wie diese von ihrer Umwelt gelesen werden oder gelesen werden wollen. Sie bieten auch für die Menschen einen Schutzraum, die diesen in der rein binären Zuordnung nicht finden können.

Nicht vergessen werden darf dabei jedoch, dass Toiletten für Frauen auch immer einen Schutzraum für diese darstellen, der bei vollständiger Umstellung auf Unisex-Toiletten entfiele. Denn Schutz brauchen Frauen häufig vor Männern und dieser würde aufgehoben. Unisex-Toiletten sind daher als wichtige und dringende Ergänzung zu betrachten.

Die LINKE fordert daher die Einführung von Unisex-Toiletten im Rahmen eines dreiteiligen Toilettensystems, um auf dieser Weise der Diskriminierung von inter* und trans* Menschen aktiv entgegen zu wirken. Dies stellt besonders baulichen Bestand vor Herausforderungen. Bei Umbau von städtischen Gebäuden, Schulen, Grünanlagen, Straßen und Plätzen müssen Unisex-Toiletten eingeplant werden; diese müssen zusätzlich behindertengerecht umgesetzt und mit Wickeltisch ausgestattet werden, um weiteren Aspekten der Diskriminierung vorzubeugen.

Ein weiterer Aspekt sind fehlende Einzelumkleiden u.a. in Schulen. Hierdurch werden ungewollt körperliche Merkmale sichtbar, die inter* und trans* Menschen zwingen sich in einer Welt zu erklären, die das binäre Geschlechtermodell noch stark verinnerlicht hat. Einzelumkleiden können allen FLINT-Menschen einen Schutzraum und somit die Möglichkeit zur Teilhabe bieten. Die LINKE fordert daher die Schaffung von Einzelumkleiden überall dort, wo öffentliche Angebote ein Umziehen notwendig machen. Dies betrifft unter anderem den Sport- oder auch Schwimmunterricht an und von Schulen.

Im jungen Alter geschieht die sehr wichtige psychische Entwicklung und Identitätsfindung. Für Jugendliche, die in einer Familiensituation leben, in der ihre Identität nicht akzeptiert wird, werden sie durch Diskriminierung oder sogar körperliche Gewalt in dieser Findung möglicherweise eingeschränkt. Dies kann schwerwiegende psychische Traumata zur Folge haben.

Wir fordern Hilfe für LSBT*IQ Jugendliche, die von zu Hause aufgrund von Diskriminierung seitens der eigenen Familie dazu gezwungen sind, auszuziehen. Insbesondere fordern wir eine feste Ansprechperson im Jugendamt für LSBT*IQ Jugendliche, die für jene Jugendliche auch eine sichere Unterkunft in Kooperation mit Einrichtungen bzw. Trägern der Erziehungsberatung oder Jugendhilfe bereithält.

Die Diskriminierung von LSBT*IQ-Menschen gehört leider immer noch zum Alltag; auch im familiären Umfeld. Betroffen sind hier auch junge Menschen, die sich mit den Normativ einer zweigeschlechtlichen Welt konfrontiert sehen und ihren Weg erst finden müssen. Neben der Beratung in dieser speziellen Lebenslage und der notwendigen Unterstützung, brauchen besonders Kinder und Jugendliche eine Anlaufstelle, um offen über ihre private Situation zu sprechen. Diese Ansprechperson muss über eine Anbindung an das Jugendamt und die damit verbundenen Ressourcen verfügen.

Die LINKE fordert die Erhaltung und langfristige finanzielle Absicherung von Beratungsstellen für Frauen, Mädchen und LSBT*IQ-Menschen.

Laut Antidiskrimierungsstelle des Bundes geben 94% der befragten Schüler_innen an, in den letzten 12 Monaten abfällige Bemerkungen über LSBT*IQ oder Schimpfwörter in ihre Richtung mitbekommen zu haben. Jede achte befragte Person gab 2017 sogar an, mindestens einmal körperliche Gewalt gegenüber LSBT*IQ-Personen beobachtet zu haben. Um die Ursachen zu bekämpfen, gibt es bereits ehrenamtliche Antidiskriminierungs- und Bildungsprojekte wie zum Beispiel SCHLAU - doch diese nur vereinzelt und lokal.

An Schulen mangelt es an Ansprechpersonen für queere Themen. Wir fordern daher LSBT*IQ-qualifizierte Ansprechpersonen an Schulen. Um der Diskriminierung entgegenzuwirken, fordern wir ebenfalls eine hauptamtliche Stelle für das außerschulische Bildungsprojekt SCHLAU in Südhessen.

Auch an Schulen gehört Homophobie leider immer noch zum Alltag. Deshalb gehört Aufklärung über sexuelle Vielfalt in die Lehrpläne. Außerdem ist ein Fortbildungsangebot zur Sensibilisierung der Beschäftigten im Bereich der Familien und Jugendhilfe sowie für Jugendleiter*innen, Lehrer*innen und Erzieher*innen notwendig. Wir unterstützen daher das bundesweite Bildungs- und Antidiskriminierungsprojekt SCHLAU und dessen Umsetzung in Darmstadt auch mit Auswirkung auf den Stellenplan der Stadt.

Die geschlechtliche Identität von Kindern ist nicht immer eindeutig. Pädagog_innen und Erzieher_innen in Kindertagesstätten erleben dies zwar im Alltag der Kinderbetreuung, jedoch sind sie im Umgang damit nicht geschult bzw. professionell sensibilisiert. Das betrifft auch die Kommunikation mit den Eltern von inter* und trans* Kindern.

Wir fordern deshalb Bildungsangebote für Mitarbeitende in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen, um den Bedürfnissen von inter* und trans* Kindern gerecht zu werden.

In allen Teilen unserer Gesellschaft haben inter* und trans* Menschen mit Unverständnis und Diskriminierung zu kämpfen. Besonders schlimm ist das für Kinder. Ihnen ist häufig schon sehr früh bewusst, wer sie sind und das dies ggf. im Widerspruch zu dem steht, wie sie von anderen gelesen werden. Obersten Ziel muss hier sein, auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen. Auch deshalb ist ein Fortbildungsangebot zur Sensibilisierung der Beschäftigten im Bereich der Familien- und Jugendhilfe sowie für Jugendleiter*innen, Lehrer*innen und Erzieher*innen notwendig.

Queere Geflüchtete in Darmstadt suchen häufig Rat, weil sie in den Gemeinschaftsunterkünften mit Homo- und Transfeindlichkeit konfrontiert sind. Öffentliche Stellen im Asyl- und Ausländerwesen sind zudem oftmals nicht ausreichend geschult und zeigen wenig Verständnis für die spezifischen Bedarfe von LSBT*IQ Geflüchteten. Die Arbeit für Rainbow Refugees von vielbunt braucht die Stadt als Partner auf Augenhöhe.

Wir fordern eine adäquate Unterbringung für LSBT*IQ Flüchtlinge und eine umfassende Sensibilisierung für alle städtischen Angestellten im Arbeitsbereich Asyl- und Ausländerwesen. Gerade im Sozialamt braucht vielbunt eine Ansprechperson, um Anliegen queerer Flüchtlinge gemeinsam bearbeiten zu können.

Die zentrale Unterbringung macht lokale Kampagnen gegen und organisierte Angriffe auf geflüchtete Menschen und ihre Unterkünfte erst möglich. Dezentrale Unterbringung erleichtert die Kontaktaufnahme der Menschen mit der Nachbarschaft und bietet Rassist*innen weniger Angriffspunkte. Geflüchtete Menschen benötigen soziale, medizinische und psychologische Betreuung, sie benötigen Wohnraum mit genügend privaten Bereichen und ihre Kinder müssen rasch die Schule besuchen können.

Geflüchtete Menschen müssen die gleichen Bedingungen und Möglichkeiten für ein selbstbestimmtes Leben erhalten, wie dies DIE LINKE für alle Mitglieder unserer Gesellschaft fordert.

Die LINKE fordert daher die Bereitstellung ausreichender Mittel für soziale, medizinische und psychologische Betreuung von geflüchtete Menschen sowie deren dezentrale Unterbringung. Zentrale Unterkünfte können nur als kurzfristige Notlösung für die Erstaufnahme dienen. Auch in diesen Unterkünften müssen individuelle Rückzugsräume vorhanden sein. Die LINKE sieht dringenden Unterstützungsbedarf bei der ehrenamtliche Arbeit mit geflüchteten Menschen sowie ausreichende personelle Ausstattung der zuständigen Ämter. Dazu gehört auch die Benennung einer Ansprechperson für die Anliegen queerer Geflüchteter.

Verbunden mit unserer Forderung nach Aufklärung über sexuelle Vielfalt und der Sensibilisierung der öffentlich Beschäftigten trägt dies zu einer Verbesserung der Lage aller geflüchteten Menschen in Darmstadt bei; auch für die der Rainbow Refugees.

Das Queere Zentrum Darmstadt soll eine Anlaufstelle für alle queeren Menschen und ihre Anliegen sein. Personen mit einer körperlichen Beeinträchtigung können jedoch nicht ohne fremde Hilfe das Gebäude betreten aufgrund der Treppensituation. Ebenfalls gibt es keine Toilette, die mit einem Rollstuhl benutzt werden kann. Somit führen die räumlichen Gegebenheiten zu einer Diskriminierung und einem Ausschluss von Menschen mit körperlichen Einschränkungen.

Wir fordern deshalb eine erweiterte Barrierefreiheit für das Queere Zentrum, mindestens durch einen rollstuhlgerechten Zugang und eine rollstuhlgerechte Toilette, ebenfalls aber durch das Hinzufügen eines taktilen Leitsystems, induktiven Höranlagen und sonstigen Einrichtungen.

Barrierefreiheit bezeichnet die Möglichkeit sich an einem Ort aufhalten und bewegen zu können ohne auf die Hilfe von Dritten angewiesen zu sein – Darmstadt ist das nicht. Bei der bedarfsgerechten Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sehen wir noch Luft nach oben und setzen uns für ein konsequenteres Vorgehen ein.

Für eine inklusive Gesellschaft benötigen wir einen barrierefreien Zugang zu Freizeit-, Kultur und Sportangeboten. Bildung und Informationen müssen allen Menschen unabhängig von individuellen Fähigkeiten und Mitteln zur Verfügung stehen und verständlich dargeboten werden. Dies gilt auch beim Zugang zu Informationen und Formaten, ob nun digital oder analog. Wir wollen Barrieren abbauen und unterstützen entsprechende Sensibilisierungsangebote für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen. Erst wenn Darmstadt eine Stadt für Alle ist, können wir von einer gelungenen Umsetzung sprechen.

DIE LINKE fordert daher die Bereitstellung einer ausreichenden Anzahl von Behindertenparkplätze sowie eine Ausstattung des öffentlichen Raums, welche die verschiedenen Arten von Barriere mitdenkt und auflöst (z.B.: Blindenleitsysteme, leichtgängige Türen, Einhaltung des 2-Sinne-Prinzips).

Den barrierefreien Ausbau des Queeren Zentrums unterstützt DIE LINKE daher ausdrücklich.

Das generische Maskulinum blendet in der deutschen Sprache Menschen, die nicht männlich sind, aus. Somit werden Menschen, die weiblich, inter* oder nichtbinär sind, nicht nur sprachlich ausgeschlossen, sondern können bei vielen Formularen auch nicht ihr Geschlecht ankreuzen. Die Stadt muss jedoch Menschen jedes Geschlechts diskriminierungsfrei entgegentreten, insbesondere nicht nur Männern und Frauen.

Wir fordern, dass die Stadt grundsätzlich eine diskriminierungsfreie Sprache anwendet, die Menschen aller Geschlechter einen Zugang schafft und anspricht.

Diskriminierungsfreie Sprache bedeutet für DIE LINKE, alle Menschen so anzunehmen, wie diese sind. Es bedeutet alle Menschen in der Sprache sichtbar zu machen. Nur wenn alle Menschen sichtbar sind, werden auch deren Anliegen und Bedürfnisse gesehen werden können. Eine Gesellschaft, die Männer als die Norm ansieht und alles andere als eine Abweichung davon, schließt die Mehrheit der Bevölkerung aus. Denn unsere Sprache prägt unsere Wahrnehmung und damit unserer Realität. Ändern wir unsere Sprache ändern wir die Wahrnehmung und damit auch die Lebenswirklichkeit vieler Menschen.

Diskriminierung von queeren Menschen findet nicht nur in Darmstadt statt, sondern weltweit. Auch in Europa stehen einige Länder gerade vor der Situation, dass Rechte von queeren Menschen eingeschränkt werden und diese auch auf lokaler Ebene politisch diskriminiert werden. Ein Beispiel sind die sich etablierenden sogenannten “LGBT-ideologiefreien Zonen” in Polen oder die Beschneidung der Rechte von trans* Menschen in Ungarn.

Wir fordern die Formulierung eines Selbstverständnisses für den Umgang mit solchen Vorfällen in Partnerstädten und eine Zusammenarbeit mit diesen für eine diskriminierungsfreie Lebenssituation von queeren Menschen.

Die LINKE beobachtet mit Sorge die Entwicklungen u.a. in Polen und Ungarn. Eine Entwicklung, die eine zunehmendrepressive Verbindung von Regierung, Kirche und Rechtsradikalen darstellt. Eine Politik, die auf Ausgrenzung abzielt, darauf eine überholte Vorstellung von Familie aufrecht zu erhalten. Familie ist, wo Menschen Verantwortung übernehmen; egal ob als Lebensgemeinschaft, als Ehepaar oder als Mehrgenerationenhaus. Menschen haben ein Recht auf ein selbstbestimmtes Leben, unabhängig von ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer sexuellen Orientierung.

Die LINKE steht solidarisch an der Seite der LSBT*IQ Menschen weltweit. Wir wissen, dass viele Menschen in Polen und Ungarn ebenso solidarisch an der Seite der LSBT*IQ-Community stehen. Diese gilt es in ihrer Arbeit zu unterstützen und dabei die bestehenden Verbindungen über Städtepartnerschaften zu nutzen. Wir freuen uns, dass Darmstadts polnische Partnerstadt Plock den Antrag für eine sog. "LGBT-ideologiefreie Zone" abgelehnt hat und sich weiterhin für alle Menschen offen zeigt.

Wir unterstützen die Forderung von Vielbunt nach der Formulierung eines Selbstverständnisses der Stadt Darmstadt als Handlungsrahmen und Leitlinie für die Zusammenarbeit mit unseren Partnerstädten. Denn queere Menschen haben immer ein Anrecht auf eine diskriminierungsfreie Lebenssituation.