Radentscheid

Wie steht ihre Partei zu dem Ausbau der Radwege, der im Jahr 2020 auf Darmstädter Gemarkung erfolgt ist?
Da geht mehr!Nach 7 verlorenen Jahren hat die grün-schwarze Koalition auf den öffentlichen Druck reagiert, der nicht zuletzt vom Radentscheid ausgegangen ist. Nun haben wir das 4x4-Sonderprogramm, mehr Kommunikation mit den Verbänden, einige gute neue Radverbindungen, Aufstellflächen an Ampeln… es tut sich tatsächlich einiges. Die Einrichtung von Pop-up-Bikelanes und deren Verstetigung muss auch gegen Widerstände entschlossen vorangetrieben werden. Dies kann jedoch nur ein erster Schritt in einer umfassenden Verkehrswende sein. Das Begonnene muss beschleunigt fortgesetzt werden, wofür die Finanzmittel und das Personal in den nächsten Jahren aufzustocken sind.

Unterstützt Ihre Partei die Radstrategie der Stadt Darmstadt und in welchen 3 Aspekten möchte sie die Radstrategie weiterentwickeln?
Unsere Fraktion hat der Vorlage in der StaVo zugestimmt. Daran hat sich nichts geändert. Die strategischen Ziele müssen in den kommenden Jahren mit Leben gefüllt und gegen Widerstände durchgesetzt werden. In unserem Programm schlagen wir weitere Maßnahmen vor, die nicht in der Radstrategie enthalten sind, z.B. eine Grüne Welle für Radfahrende und Abschaffung der „Bettelampeln“. Auch die Ausweitung von Tempo 30 (für Kfz!) würde die Attraktivität des Radfahrens erhöhen.

Welchen Stellenwert soll die Radmobilität in den nächsten 5 Jahren haben?

Für DIE LINKE hat der schnellstmögliche Umstieg der Mobilität vom MIV hin zum Umweltverbund eine herausragende Bedeutung. In den kommenden fünf Jahren wollen wir die Dominanz des Autos in Darmstadt deutlich spürbar zurückdrängen, um allen Menschen eine sichere und umweltfreundliche Mobilität zu ermöglichen. Ein für alle attraktiver Radverkehr ist ein entscheidender sozialverträglicher und gesundheitsförderlicher Baustein für diesen Umstieg. Daher wollen wir die Radmobilität mit aller Kraft voranbringen.

Bitte beschreiben Sie in einigen Sätzen Ihren Standpunkt zur Verkehrswende.

Eine Verkehrwende ist unbedingt notwendig, um den Klimawandel zu begrenzen, um die Natur zu schonen, um die städtische Aufenthaltsqualität zu verbessern und um unsere Gesundheit zu schützen. Elektroautos lösen die aktuellen Verkehrsprobleme nicht, daher muss der Umweltverbund, also Fuß- und Radverkehr sowie der öffentliche Nahverkehr, Vorrang erhalten. Für eine linke Partei gehört noch dazu, dass dies sozial verträglich umzusetzen ist. Fuß- und Radverkehr begünstigen per se die Teilhabe einkommensschwächerer Menschen. Für den ÖPNV wollen wir gleichzeitig mit einem Ausbau auch günstigere Fahrpreise bis hin zum Nulltarif.

Neben den Maßnahmen zur Verbesserung des ÖPNV und des Radverkehrs ist die Ausweitung der innerstädtischen Fußgänger*innen-Zone und die Schaffung verkehrsberuhigter oder autofreier Wohnquartiere notwendig. Durch mehr Einkaufsmöglichkeiten und soziale Infrastruktur in den Quartieren lässt sich das Verkehrsaufkommen insgesamt reduzieren. Eine umfassende Parkraumbewirtschaftung ist notwendig, um auch im ruhenden Verkehr Flächen für andere Verkehrsteilnehmer*innen und urbanes Leben zurück zu gewinnen.

Wenn Ihre Partei für die Legislaturperiode 2021 – 2026 in das Stadtparlament gewählt wird, für welche Entscheidungen und Projekte für Radmobilität würde sich die DIE LINKE einsetzen?

Wir unterstützen die Radstrategie und werden uns situationsbezogen für ergänzende Maßnahmen stark machen. Das wären z.B. die in Punkt 2 genannten Punkte. Der schnelle Ausbau des Radwegenetzes darf nicht an mangelnden Ressourcen scheitern. Wir plädieren für weiteren Personalaufbau im Mobilitätsamt für den Radverkehr und für eine Ausweitung des 4x4-Programms.

Mangelnde, fehlerhafte und/oder unübersichtliche Verkehrsinfrastruktur hat in den vergangenen Jahren immer wieder zu schweren und teils tödlichen Unfällen geführt. Diese fehlende Sicherheit hält insbesondere ältere Menschen und Kinder, aber auch allgemein Personen, die sich unsicher fühlen, vom Radfahren im Stadtverkehr ab.

Wie wird Ihre Partei mit dem illegalen Parken von Autos auf Rad- und Gehwegen, auch in den Wohnvierteln, verfahren. Welche Maßnahmen gedenken Sie zu verabschieden?

Das illegale Parken auf Radwegen ist einer der kritischsten Punkte für Radfahrende. Dort parkende Fahrzeuge zwingen zum Ausweichen, was mit erheblichen Risiken verbunden sein kann. Zunächst darf es keine Zurückhaltung bei der Sanktionierung solcher Ordnungswidrigkeiten geben. Weiterhin können bauliche Maßnahmen wie Poller am Rand der Gehwege oder Abtrennungen der Radwege Falschparken verhindern. Wir befürworten eine Parkraumbewirtschaftung, die den Verkehrsraum ordnet und von illegalem Parken abschreckt.

Welche konkreten Maßnahmen wird ihre Partei zur Erreichung von “Vision Zero”, dem Ziel von null Verkehrstoten, in Darmstadt zu ergreifen?

Überhöhte Geschwindigkeit ist regelmäßig Ursache für tödliche Verkehrsunfälle. Folglich werden wir uns für eine Reduktion der Durchschnittsgeschwindigkeit in Darmstadt einsetzen. Hierzu gehört die Festlegung von Tempo-30-Zonen, am besten für die gesamte Stadt. Wohnquartiere sind schrittweise für den Durchgangsverkehr zu sperren (Stichwort „Superblocks“) oder komplett autofrei zu gestalten. Dies schafft insbesondere für Kinder ein sicheres Umfeld. Gemischte Verkehrswege sind konsequent aus der Perspektive von Fußgänger*innen und Radfahrenden zu gestalten.

Nach den beiden tödlichen Unfällen in der Bismarckstraße hat unsere Fraktion sofort die Einrichtung von Aufstellflächen für Radfahrende an Ampeln beantragt, um weitere Tragödien zu vermeiden. Für die verletzlichen Verkehrsteilnehmer*innen, zu denen Radfahrende zählen, muss auch eine räumliche Trennung der Infrastrukturen umgesetzt werden, wie die bereits erwähnten „protected bikelanes“. Dabei ist darauf zu achten, dass bei der Verkehrsführung an kritischen Kreuzungen keine Gefahrenstellen entstehen.

Nach wie vor ist der Verkehrsraum für in erster Linie für den MIV ausgelegt. Hier stehen wir für einen Paradigmenwechsel. Um die „Vision Zero“ zu erreichen, muss Verkehrsinfrastruktur endlich aus der Perspektive des Umweltverbundes geplant werden: Radinfrastruktur darf nicht einfach auf das bestehende Straßennetz aufgesetzt werden.